Die 4,5x6 cm Ermanox ist die Weiterentwicklung der Er-nox. Sie ist eine Plattenkamera, die bereits durch ihre besondere Bauart auffällt. Ihr schnörkelloses Design hätte auch im Bauhaus von Walter Gropius entstehen können. Besonders auffällig ist das im Verhältnis zum kompakten Kamerakörper riesige Objektiv. Hier wurde viel Glas verbaut. Die hohe Lichtstärke von 1:2 war nur durch den Einsatz von großen Linsen möglich. Im Jahr 2024 lag Ernemann mit der Lichtstärke von 1:2 an der Weltspitze. Der Ernostar, wie das Objektiv hieß, hatte aber noch weiteres Potential, so dass bereits im Mai 1925 eine Ermanox mit einer noch höheren Lichtstärke auf den Markt kam. Der verbesserte Ernostar hatte nun eine Lichtstärke von 1:1.8 und eine etwas kürzere Brennweite von 8,5 cm. Fotografen empfanden sowohl die höhere Lichtstärke als auch die kürzere Brennweite als Verbesserung. Der Ernostar war von Ludwig J. Bertele, einem hochbegabten und bis zu seinem Lebensende gefragten optischer Konstrukteur, entwickelt worden. Nach seiner Zeit bei Ernemann entwickelte er später für Zeiss Ikon die berühmten Sonnare und Biogone. Der Kamerakörper der 4.5x6 Ermanox basierte auf der Ernemann 4.5x6 Miniatur-Klapp-Camera. Die Ermanox war mit einem Schlitzverschluss ausgestattet, der Belichtungszeiten bis zu 1/1000 sec ermöglichte.
Beworben wurde die Ermanox mit dem Vorteil, dass mit ihr auch in Innenräumen fotografieren kann, ohne dass dafür ein Blitzlicht benötigt wird. In solchen Umgebungen wurden dann Belichtungszeiten zwischen 1/5 bis 2 sec benötigt. Dazu musste die Blende voll geöffnet sein, und es mussten hoch lichtempfindlichen Platten verwendet werden. Die Ermanox-Platte aus dem Jahr 1924 mit einer Empfindlichkeit von 21 Scheiner bzw. 10 ASA galt damals noch als hoch lichtempfindlich. Ohne Stativ waren Aufnahmen in Innenräumen allerdings nicht möglich. Unter freiem Himmel, bei guten Lichtverhältnissen, wären auch freihändige Aufnahmen mit der Ermanox möglich gewesen, allerdings war das nicht ihr bevorzugtes Einsatzgebiet, und konventionelle, größere Kameras wie eine 9x12 Contessa Nettel waren hier der Ermanox überlegen.
Die besondere Bedeutung der Ermanox lag, abgesehen von deren hoher Lichtstärke, darin, dass sie Fotografen eine Möglichkeit bot, eine neue Bildsprache zu entwickeln. Mit der Ermanox konnten Bildmotive erschlossen werden, die bislang nicht machbar gewesen waren. Goldgräberstimmung kam bei innovativen Fotografen auf, die für ihre Fotos eine Marktlücke entdeckten. Dass die Ermanox besonders für Nachtaufnahmen geeignet war, deutete sich bereits in ihrem Namen an. Er setzt sich aus dem Firmennamen „Ernemann“ und „nox“, dem lateinischenWort für Nacht zusammen.  Für Kleinbildkameras wie die Leica oder die Contax kamen erst ab 1932 Objektive auf den Markt, die sich in ihrer Lichtstärke mit der Ermanox messen konnten. Mit steigender Nachfrage nach der Leica ging die Nachfrage nach der Ermanox immer weiter zurück. Die Produktion der Ermanox wurde bereits 1931 wieder eingestellt. Bis 1932 wurden noch Restbestände abverkauft. Die Kamera mit dem lichtstärksten Objektiv war damit insgesamt nur neun Jahre am Markt.

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